Thermoaktive Lehm‑Regale mit PCM: Möbel, die kühlen, wärmen und Feuchte puffern
Thermoaktive Lehm‑Regale mit PCM: Möbel, die kühlen, wärmen und Feuchte puffern
Warum nur Dinge abstellen, wenn ein Regal auch Ihr Raumklima stabilisieren kann? Bei steigenden Kühlbedarfen in Wohnungen (+60 % bis 2050 laut IEA) gewinnen passive Lösungen an Bedeutung. Thermoaktive Lehm‑Regale mit Phasenwechselmaterial (PCM) speichern Wärme oder Kälte, gleichen Luftfeuchte aus und verbessern die Akustik – ohne sichtbare Technik und nahezu geräuschlos.
Was ist ein thermoaktives Regal?
Ein thermoaktives Regal kombiniert eine massive Lehmoberfläche mit PCM‑Kassetten (z. B. Salzhydrate) im Inneren. Beim Schmelzen oder Erstarren des PCM wird Energie gespeichert bzw. abgegeben. Zusätzlich puffert Lehm Luftfeuchtigkeit kapillar und sorptiv. Ergebnis: konstantere Raumtemperaturen, weniger Spitzenlasten und fühlbar trockeneres Raumklima an schwülen Tagen.
Aufbau im Detail
- Frontplatte: 12–18 mm Lehmverbund (Lehm + Pflanzenfasern), offenporig, diffusionsoffen
- PCM‑Kassetten: Salzhydrat NaAc·3H2O oder Paraffin C18, Schmelzpunkt 22–26 °C, Latentwärme 160–210 kJ kg-1
- Wärmeleitlamellen: Aluminium‑Rippen 0,5 mm zur schnellen Be- und Entladung
- Rückwand: Kork 6–10 mm für Akustik und thermische Entkopplung
- Kapillarvlies: verteilt Feuchte in der Lehmplatte, beschleunigt Trocknung
- Tragrahmen: Massivholz oder Stahl, verdeckte Verschraubung
- Optionale Sensorik: Temperatur/Feuchte, Matter-fähiges Relais für Lüfter oder Nachtlüftung
Physik dahinter – in 3 Punkten
- Phasenwechsel: Beim Schmelzen (Sommer) bindet PCM Wärme ohne große Temperaturerhöhung; beim Erstarren (Nacht) gibt es Energie ab.
- Enthalpiespeicher: 10 kg PCM mit 180 kJ kg-1 speichern ca. 0,5 kWh – genug, um einen 15 m² Raum um 1–2 K Spitzen abzuflachen.
- Hygropuffer: Lehm nimmt bis zu 50 g m-2 Feuchte in 8 h auf und gibt sie später ab – spürbar weniger Schwüle.
Vorteile auf einen Blick
| Vorteil | Beschreibung | Praxisnutzen |
|---|---|---|
| Passiv kühlen | Latentwärmespeicher glättet Tagesspitzen | Weniger Ventilator/Klimagerät nötig |
| Behaglichkeit | Lehm reguliert Feuchte, warme Haptik | Weniger trockene Luft, angenehme Oberfläche |
| Akustik | Korkrückwand und Masse | Weniger Nachhall im Wohn- und Arbeitszimmer |
| Unsichtbare Technik | Funktion im Möbel integriert | Kein Geräte‑Wirrwarr, elegantes Erscheinungsbild |
| Nachhaltigkeit | Lehm, Kork, recycelbares Aluminium | Geringer CO₂‑Fußabdruck, lange Lebensdauer |
Einsatzorte und Ideen
- Wohnzimmer: Medienwand mit PCM‑Böden – TV‑Abwärme wird zwischengespeichert.
- Schlafzimmer: Kopfteil‑Regal: Nachtabsenkung hält Bettzone kühler.
- Küche: Offene Regale über Arbeitsplatte – Lehm reduziert Kochdunst‑Spitzen.
- Homeoffice: Bücherregal hinter dem Schreibtisch für ruhigere Akustik bei Calls.
- Tiny House: Kombi aus Stauraum und Klima‑Puffer bei minimaler Technik.
Fallstudie: Altbau‑Wohnzimmer 22 m² in Leipzig
- System: 3 Regalböden 120 × 30 cm, je 12 kg PCM (NaAc·3H2O), Lehmfront 15 mm, Kork 8 mm
- Messzeitraum: Juli–August, Dachgeschoss, Südfassade
- Ergebnisse:
- Maximaltemperatur tags: 28,1 °C → 26,7 °C (–1,4 K)
- Temperaturamplitude: 6,0 K → 3,9 K
- Relative Luftfeuchte Spitze: 68 % → 60 %
- Subjektive Akustik: Nachhall 0,74 s → 0,58 s (500–2.000 Hz)
- Betrieb: Nachtlüftung per Fensterkontakt, kein aktives Kühlen
- Wartung: keine in 12 Monaten
DIY‑Bauanleitung: 1 thermoaktives Regalbrett (120 × 30 cm)
Material
- Lehmverbundplatte 120 × 30 × 1,5 cm
- PCM‑Kassetten, gesamt 8–12 kg, Schmelzpunkt 23–25 °C
- Alu‑Lamellen oder -U‑Profile, 0,5–1,0 mm
- Korkplatte 120 × 30 × 0,8 cm
- Kapillarvlies 120 × 30 cm
- Holzrahmen (Buche/Eiche) oder Stahlwinkel, verdeckte Träger
- Diffusionsoffener Lehmkleber, Schrauben, Holzöl
- Optional: Temp/Feuchte‑Sensor, Fensterkontakt (Matter), 12 V‑Mikrolüfter
Schritte
- Rahmen laut Brettmaß bauen, Traganker in die Wand setzen (≥ 2× M8 pro 60 cm).
- Alu‑Lamellen in den Rahmen einlegen, PCM‑Kassetten dicht an dicht platzieren.
- Lehmplatte mit Kapillarvlies aufsetzen, mit Lehmkleber vollflächig verkleben.
- Korkrückwand aufbringen, Fugen spachteln, sichtbar bleibende Kanten ölen.
- Sensorik integrieren, optional Lüfter für Nacht‑Durchströmung einbauen.
- Brett einhängen, 24 h aushärten lassen. Tragfähigkeit mit 1,5× Nutzlast testen.
Bauzeit: ca. 2–3 h, Materialkosten: 160–260 € je nach PCM.
Planung und Dimensionierung
- Daumenregel Kapazität: 1 kg PCM ≈ 0,05 kWh nutzbar. 20 kg im Raum liefern ≈ 1 kWh Puffer.
- Schmelzpunkt wählen: Wohnräume 22–24 °C, Schlafzimmer 20–22 °C.
- Fläche vs. Masse: Mehr Oberfläche beschleunigt Laden/Entladen. Ziel: mind. 0,7 m² Lehmoberfläche pro 10 m² Raum.
- Taupunkt im Blick: Oberflächentemperatur über Taupunkt halten; bei schwülen Phasen kurz lüften oder Lüfter aktivieren.
- Nachtlüftung: Fensterkontakt öffnet bei Außentemperatur 2 K unter Innen, Automationen via Matter.
Pro / Contra
| Aspekt | Pro | Contra |
|---|---|---|
| Klima | Passive Spitzenlastreduktion | Wirkt begrenzt ohne Nachtlüftung |
| Design | Unsichtbar integriert | Regal tiefer und schwerer |
| Akustik | Weniger Nachhall | Bässe bleiben unbeeinflusst |
| Wartung | Nahezu wartungsfrei | PCM muss passend zur Zieltemperatur gewählt werden |
| Kosten | Geringe Betriebskosten | Höhere Anfangsinvestition als Standardregal |
Gesundheit und Nachhaltigkeit
- VOC‑arm: Lehmoberflächen binden Gerüche und sind antistatisch.
- Sichere Materialien: Salzhydrate sind nicht brennbar; Paraffine erfordern Brandschutzabdeckung.
- Recycling: Lehm kompostierbar, Aluminium vollständig recycelbar, Kork nachnutzbar.
Smart gesteuert – wenn nötig
Sommermodus
Sensor misst Innen‑/Außentemperatur. Bei kühler Nacht öffnet der Fensteraktor, optional Lüfter 12 V für 30–60 min. Tags schließt das Fenster, Regal nimmt Lastspitzen auf.
Wintermodus
Passiver Betrieb: PCM bleibt meist fest, Lehm reduziert Feuchte‑Spitzen beim Kochen oder Duschen. Kurzes Vorwärmen durch Sonneneintrag genügt.
Automationen
- Matter‑Szene: Nachtlüften ab 22:00, Stopp bei Wind oder Regenkontakt.
- PV‑Nutzung: Lüfter nur bei PV‑Überschuss aktiv.
Pflege und Betrieb
- Oberfläche trocken abstauben, Flecken mit leicht feuchtem Tuch – keine Lösemittel.
- Jährliche Sichtprüfung der Kanten und Befestigungen.
- Bei Paraffin‑PCM: Dichtigkeit der Kassetten prüfen, Brandschutz beachten.
Zukunft: adaptive Möbel als Gebäudespeicher
- Wechselbare PCM‑Kassetten für saisonale Optimierung (Sommer 24 °C, Winter 20 °C).
- Bio‑PCM aus Fettsäureestern, verbesserte Zyklenfestigkeit.
- Thermische Vernetzung mehrerer Regale zu einem Möbel‑Mini‑Energiespeicher im DC‑Hausnetz.
Fazit: Ein Regal, das mehr kann
Thermoaktive Lehm‑Regale mit PCM verbinden Stauraum, Design und Raumklima‑Komfort. Sie reduzieren Hitzespitzen, verbessern die Akustik und arbeiten nahezu wartungsfrei. Starten Sie mit einem Pilot‑Regal im meistgenutzten Raum, messen Sie Temperatur/Feuchte über 4 Wochen und skalieren Sie dann – so finden Sie die optimale Kapazität ohne Fehlkauf.
