3D-Lehmpaneele mit Phasenwechselkern: Wände, die kühlen, speichern und dämmen
3D-Lehmpaneele mit Phasenwechselkern: Wände, die kühlen, speichern und dämmen
Wie bleibt die Wohnung im Sommer kühl, ohne eine laute Split-Klimaanlage zu installieren? Eine kaum bekannte Lösung aus der Baupraxis kombiniert 3D-gedruckten Lehm mit Phasenwechselmaterial (PCM). Die Paneele speichern überschüssige Wärme tagsüber und geben sie nachts wieder ab – ganz passiv, ohne Zugluft, mit verbesserter Akustik und angenehmem Raumklima.
Was steckt hinter PCM-Lehmpaneelen?
Lehm reguliert Feuchte, bindet Staub und wirkt akustisch dämpfend. In Verbindung mit mikroverkapseltem PCM entsteht ein Möbel- und Wandmaterial, das zusätzliche Wärmemassen bereitstellt. Bei rund 24–26 °C schmilzt das PCM und nimmt Wärme auf. Sinkt die Raumtemperatur am Abend, verfestigt es sich und gibt die gespeicherte Energie wieder frei. Ergebnis: weniger Temperaturspitzen, mehr Behaglichkeit.
Kern-Vorteile auf einen Blick
- Passives Kühlen durch latente Wärmespeicherung im Komfortbereich.
- Feuchtepuffer dank kapillaraktiver Lehmmatrix (weniger trockene Luft im Winter, weniger Schwüle im Sommer).
- Akustikgewinn durch mikroporöse Oberfläche und 3D-Relief.
Technischer Aufbau der 3D-PCM-Lehmpaneele
- Deckschicht: 8 mm 3D-gedruckter Lehm (Illit-Lehm, Korn 0–0,5 mm), offenporig
- Relief: parametrische Wellenstruktur, 3,5 mm Tiefe, erhöht die Oberfläche um bis zu 80 %
- PCM-Kern: Mikroverkapseltes Bio-Paraffin C18–C22, Schmelzbereich 24–26 °C, Latentwärme 140–180 kJ kg-1
- Trägerschicht: Hanffaserplatte 6 mm für Kapillarität und Schraubhalt
- Rückseitige Kanäle: 2,5 mm Kapillarkanäle zur Feuchtepufferung und schnelleren Lade-/Entladezyklen
- Befestigung: Lehmkleber, verdeckte Magnetschiene oder Schrauben (Langlöcher)
- Format: 300 × 600 mm und 400 × 400 mm, Sonderformen möglich
- Flächenmasse: 13–17 kg m-2 (je nach PCM-Anteil 20–35 % Massenanteil)
- Wärmeleitfähigkeit: λ ≈ 0,35 W m-1 K-1 (trocken)
| Parameter | Typischer Wert | Praxisnutzen |
|---|---|---|
| Latentkapazität | 35–60 Wh m-2 je 10 mm Paneel | Reduziert Tagesspitzen um 1–3 K |
| Feuchtepuffer | 30–60 g m-2 je 10 % rF-Schwankung | Stabilere Luftfeuchte, weniger Schwüle |
| Schallabsorption | αw 0,25–0,35 (1 kHz, reliefabhängig) | Weniger Nachhall, klarere Sprache |
| Flächenlast | ≤ 17 kg m-2 | Altbaugeeignet, Deckenmontage möglich |
Varianten und Einsatzorte
- Wandpaneele im Wohn- und Schlafzimmer: passive Kühlung tagsüber, Nachladung per Nachtlüftung.
- Deckeninseln über Esstisch oder Schreibtisch: lokale Komfortzonen und Akustikverbesserung.
- Heizkörperverkleidung bei Niedertemperaturanlagen: Kombi aus Strahlungswärme und Wärmespeicher.
- Nassraumgeeignete Paneele mit Kasein- oder Silikatfinish: Bad und Küche für Feuchtepufferung.
DIY-Montage: 4 m² Paneelfläche im Wohnzimmer
Materialliste
- 16 × PCM-Lehmpaneel 300 × 600 mm
- Lehmkleber, Zahnkelle 6 mm
- Grundierung mineralisch, Tiefenwirkung
- Fugenband aus Glasfaser + Lehmmörtel
- Silikatfarbe oder Kaseinfarbe, matt
- Optional: Magnetschiene + Stahlband für reversible Montage
Schritt-für-Schritt
- Untergrund eben, tragfähig, staubfrei herstellen; mineralisch grundieren.
- Lehmkleber mit Zahnkelle aufziehen, Paneele im Verband ansetzen.
- Rückseitige Kanäle horizontal ausrichten (bessere Nachtladung).
- Fugen mit Glasfaserband armieren, dünn verspachteln.
- Nach Trocknung diffusionsoffen beschichten (Silikat- oder Kaseinfarbe).
Bauzeit: ca. 3–4 h zu zweit, Materialkosten: 55–85 € m-2.
Fallstudie: Dachgeschosswohnung 62 m² in Dresden
- Ausgangslage: Sommerliche Überhitzung, bis 30,5 °C Spitzenwerte, 2. OG unterm Ziegeldach.
- Maßnahme: 10 m² PCM-Lehmpaneele an Süd- und Westwand, Relieftiefe 3,5 mm, Nachtlüftung via Fensteraktuator.
- Ergebnisse (Juni–Aug.):
- Maximaltemperatur innen: 30,5 → 27,9 °C
- Stunden über 26 °C: 142 h → 61 h
- Ventilatorlaufzeit: −48 %; kein aktiver Kompressor nötig
- Subjektiv: geringere Schwüle, bessere Sprachverständlichkeit
Smart-Home-Integration
Die Paneele arbeiten passiv, entfalten aber ihr Potenzial mit einfacher Automation:
- Matter-Thermo-/Hygrosensor triggert Nachtlüftung (Fensteraktuator), wenn außen kühler und trockener.
- CO2-Sensor koppelt Luftwechsel mit Raumluftqualität.
- Wetter-Webhook blockiert Ladung bei Gewitterluft (sehr hohe rF), um Feuchteaufnahme zu begrenzen.
- Heizperiode: Paneele nahe Heizflächen speichern milde Vorlauftemperaturen, reduzieren Brennerstarts.
Oberflächen, Pflege und Design
- Finish: Silikat- oder Kaseinfarbe, Lasuren auf Tonbasis; diffusionsoffen belassen.
- Reinigung: Trocken bürsten oder leicht feucht abwischen; keine filmbildenden Kunstharzfarben.
- 3D-Reliefs: Welle, Rauten, Moiré; steigern Absorptionsfläche und Akustikwirkung.
- Farbkonzept: Erdige Töne mit mineralischen Pigmenten, geringe Metamerie bei LED-Licht.
Pro und Contra
| Aspekt | Pro | Contra |
|---|---|---|
| Thermik | Spitzentemperaturen sinken um 1–3 K | Wirkt begrenzt bei extremer Dauerhitze ohne Nachtkühlung |
| Akustik | Sprechbereich hörbar ruhiger | Bassdämpfung nur moderat |
| Gesundheit | VOC-arm, Feuchtepuffer reduziert trockene Luft | Mechanische Stoßempfindlichkeit höher als bei Fliesen |
| Montage | DIY-geeignet, wenig Werkzeug | Feuchte- und Trocknungszeiten einplanen |
| Kosten | Geringe Betriebskosten, keine Wartung | Anschaffung höher als bei Standard-Gipsplatten |
Ökologie und Sicherheit
- Materialmix: Lehm, Hanffaser, Bio-PCM; hoher biogener Anteil, recyclingfreundlich.
- Brandschutz: Lehm nicht brennbar; PCM mikroverkapselt, paneelweise gekammert.
- Emissionen: Lösemittelfrei; bei sachgemäßem Finish sehr niedrige VOC.
- Ende des Lebenszyklus: Mechanische Trennung; Lehm mineralisch verwertbar, Hanf kompostierbar, PCM als Wertstoff.
Wirtschaftlichkeit
- Richtpreise: 55–85 € m-2 (DIY), 95–140 € m-2 (Montagebetrieb).
- Einsparpotenziale: Reduzierter Ventilator- und Klimageräteeinsatz; erhöhte Heizsystemeffizienz durch Speicherwirkung bei Niedertemperatur.
- Langfristnutzen: Komfortgewinn, bessere Sprachverständlichkeit, werterhaltende Bauphysik.
Gestaltungsideen für verschiedene Räume
- Wohnzimmer: Wellenrelief in warmem Ocker, Streifenverband als Wandstatement.
- Schlafzimmer: Feine Rautenstruktur hinter dem Bett, pastellige Silikatlasur.
- Küche: Mattes Fischgrät-Relief, spritzwasserferne Zonen, abwaschbare, mineralische Lasur.
- Homeoffice: Rasterpaneele als Pinwand mit integrierter Akustikzone.
FAQ: Häufige Fragen
- Funktioniert das ohne aktive Technik? Ja, mit Nachtlüftung oder passiver Querlüftung. Smarte Fensterantriebe optimieren die Wirkung.
- Wie viel Fläche ist sinnvoll? 0,25–0,5 m² Paneele je m³ Raumvolumen sind ein guter Startwert.
- Kann ich das nachrüsten? Ja, auf Putz, Gipskarton oder Mauerwerk; Untergrund muss eben und tragfähig sein.
Ausblick: Salzhydrid-PCM und Solar-Direktbetrieb der Nachtlüftung
- Salzhydrate mit höherer Latentwärme könnten die Speicherdichte weiter steigern.
- PV-gestützte Fensterantriebe laden die Paneele per Nachtkühlung netzunabhängig.
- Adaptive Reliefs aus dem 3D-Druck passen Oberfläche und Akustik an Nutzungsmuster an.
Fazit
3D-PCM-Lehmpaneele sind eine leise, nachhaltige Antwort auf überhitzte Wohnungen: weniger Temperaturspritzen, bessere Akustik, gesündere Luft – ohne Kompressorlärm. Starten Sie mit einer 1–2 m² Testfläche an der am stärksten besonnten Wand und koppeln Sie sie mit smarter Nachtlüftung. So messen Sie den Effekt real und skalieren bei Bedarf.
